Ein bisschen verblüfft über uns selbst, entscheiden wir uns heute für eine weitere Wanderung – diesmal entlang einer der zahlreichen Levadas. An den alten Wasserläufen, mit denen das Wasser in die landwirtschaftlichen Anbaugebiete im Süden der Insel geleitet wird, verlaufen zahlreiche Wanderpfade.
Verblüfft sind wir deshalb, weil Wanderlust im wörtlichen Sinne für uns beide bisher ein Fremdwort war.
Warum reist man als Wandermuffel auf eine Insel wie Madeira, die mit ihren Bergketten bekannt bei Wanderlustigen ist?
Weil meine Freundin Luisa eine Liste zu vervollständigen hat. Seitdem ich sie kenne, reist sie wann immer sie kann durch Europa, und hat fast jedes Land besucht. In ihrer Küche hängt eine große Weltkarte, die voller roter Fähnchen steckt. Beeindruckend!
Die autonome portugiesische Region Madeira war bis vor einem Jahr noch fähnchenfrei. Die Insel war mit den Azoren, die wir diesen Januar bereist haben, einer der wenigen europäischen Länder bzw. autonomen Inseln, die zur Vollendung ihrer Liste fehlte. Dieses Jahr wird sie ihr Projekt abschließen, zuletzt war sie in Aserbaidschan unterwegs.
Zurück zu unserer Levadawanderung. Wenn wir schon mal hier sind, wird natürlich gewandert!
Der Bus fährt uns die Serpentinen hinauf nach Camacha, wo wir wir auf eigene Faust unsere Wanderung beginnen. Ziel ist Caminho do Meio. Von dort aus wollen wir dann mit dem Bus zurück nach Funchal fahren.
Ohne Wanderkarte (wir orientieren uns an der Beschilderung) beginnt unsere Levadawanderung an einer Straßenecke und nach zwei Abbiegungen befinden wir uns schon inmitten der verwunschenen Bergwelt Madeiras. Die in den Gipfel hängenden Wolken versperren uns ein bisschen die Sicht, aber an einigen Stellen haben wir einen imposanten Blick auf die beeindruckende Natur. Es duftet nach Regen und Blütenstaub, glänzende Wassertropfen hängen an den mit Flechten bewachsenen Ästen der Bäume und am Wegesrand huschen Eidechsen an uns vorbei.
Die märchenhafte Natur verleitet zum Träumen.
Vielleicht ist auch das der Grund, weshalb nach ein paar Stunden gemütlichen Spazierengehens die Beschilderung und auch die Levada, an der wir uns orientiert haben, unauffindbar ist.
Ohne Wanderkarte haben wir zwei Möglichkeiten: bergauf oder bergab. Bergauf macht wenig Sinn, denn wir wollen ja zurück nach Funchal. Also gehen wir den steilen Berg hinab. Anfänglich noch ganz beschwingt, dann irgendwann angestrengt in Schlangenlinien, weil der Abstieg extrem in die Waden geht. Zwischendurch laufen wir sogar rückwärts – wer hätte gedacht, dass bergab gehen so anstrengend ist?
Irgendwann habe ich die Schnauze gestrichen voll und halte an einer kleinen Straßenecke den Daumen raus. Ein Auto hält an, indem ein freundliches portugiesisches Pärchen auf den Weg nach Funchal sitzt. Wir steigen erschöpft ein und werden bis ins Zentrum mitgenommen. So ein Glück! Die Wanderpause für den nächsten Tag steht fest.
Anmerkung: Luisa und ich haben vor unserer Reise nicht viel Zeit gehabt Pläne zu schmieden und lieben es in den Tag hineinzuleben. Das führt natürlich auch zu Überraschungsmomenten wie diesen. Wer es geplanter mag, der kann sich ganz einfach im Tourist Office von Madeira informieren, außerdem findet man einige Wanderrouten entlang der Levandas auf Wikiloc.
Während unserer Reise haben wir uns auf das öffentliche Bussysthem Madeiras verlassen. Für uns hat es super funktioniert, auch wenn man nicht immer so flexibel wie mit dem Auto ist. Es ist zum einen günstiger und umweltschonender, war aber vorallem bei den Levadawanderungen praktisch, weil wir so nach der Wanderung nicht extra wieder zum Ausgangspunkt zurückfahren mussten, um das Auto abzuholen.
Im Oktober 2013 ist mein Buch »Foodblogs und ihre besten Rezepte« im Hädecke Verlag erschienen.
Gourmand World Cookbook Award Winner 2014 for Germany. Category »Blog«.
48 kulinarische Erzählungen und Rezepte von 12 deutschsprachigen Foodblogger/innen. Nachgekocht, fotografiert und genussvoll verzehrt von Ariane Bille. Konzipiert und kreiert als Buch, App und Blog.
»Das Buch bringt viele Perspektiven zusammen und kommt so der kulinarischen Bewegung im Web erstaunlich nahe – ihren Protagonisten und Motiven, der Kochlust samt Rezepten.« Valentinas-Kochbuch